SWISSMECHANIC – Die MEM-Branche bewegt sich in einem dynamischen Umfeld mit zahlreichen grossen Herausforderungen wie der aktuellen Energiemangellage, Lieferengpässen, Inflation und dem Fachkräftemangel. Mit der nationalen MEM-Messe Innoteq sowie der geplanten Eröffnung der Campus Technik in Grenchen beweist der Verband auch in schwierigen Zeiten seine Innovationskraft.
Seit rund einem halben Jahr weht mit dem Präsident Nicola R. Tettamanti frischer Wind an der Spitze von Swissmechanic Schweiz. Der Tessiner leitet mit seinem Bruder Claudio Tettamanti zusammen die Tecnopinz SA in Mezzovico, die Spannzangen sowie hochpräzise und kundenspezifische mechanische Komponenten herstellt und damit 30 Länder aus aller Welt beliefert. Er ist sowohl im Tessin als auch in der Deutschschweiz verwurzelt und engagiert sich seit 12 Jahren für die Anliegen der Mitglieder von Swissmechanic. Sein primäres Ziel ist eine klare Strategie zu definieren: «Wir wollen das Sprachrohr für eine Vision des Schweizer Industriestandortes der Zukunft sein, und wir wollen dies an vorderster Front tun, in Zusammenarbeit mit und zur Unterstützung von Nachbarverbänden, die sich wie wir täglich für die Interessen der MEM-Industrie in der Schweiz einsetzen.»
Rein wirtschaftlich betrachtet ist das Jahr 2022 für die Branche positiv verlaufen. Allerdings ziehen immer mehr Wolken am Horizont auf. «Vor allem im ersten Halbjahr 2022 war die Auftragslage aufgrund der Corona-Nachholeffekte sehr gut. Doch in den kommenden Monaten kommt es zum Härtetest für die MEM KMU-Wirtschaft», sagt der 36-Jährige. Dazu gehört die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise, die Inflation und die geopolitischen Unsicherheiten respektive die Sanktionen. «Für die energieintensiven MEM-Betriebe sind die steigenden Energie- und Rohstoffpreise wirtschaftlich sehr schwer zu bewältigen. Die Einkaufspreise für Energie haben sich 2022 für viele unserer Mitgliedfirmen um das zehn- bis 15fache erhöht.»
Neue Produktionstechnologien
Eine immer grössere Rolle bei der Optimierung der Leistung spielt für die Werkzeugmaschinenindustrie die digitale Transformation in der Kommunikation zwischen Werken, Produktionsbereichen und externen Partnern. Aus Sicht der Zulieferer der MEM-Branche sind es neue Produktionstechnologien, immer leistungsfähigere Werkstoffe und die Optimierung der Logistik, die das Entwicklungstempo für die Zukunft vorgeben. «Die Schweiz hat in den letzten Jahren ihre Leistungsfähigkeit und Produktivität unter Beweis gestellt, indem sie die Versorgung ihrer in- und ausländischen Kunden sicherstellt. Wir sind deshalb zuversichtlich für die Zukunft des Industriestandortes Schweiz.» Selbstverständlich ist auch die Nachhaltigkeit mit diversen Projekten ein Thema.
Berufe innovativ präsentieren
Der Verband engagiert sich sehr stark in der Aus- und Weiterbildung. «Wir betreiben in fast allen Sektionen eigene Ausbildungszentren. Gleichzeitig engagieren wir uns in der für die Branche wichtigen Berufsreform, einem der wichtigsten Projekte der nächsten Jahre.» Ziel ist es, die Grundbildung in der MEM-Industrie den Erfordernissen der heutigen Zeit anzupassen. Die Berufe sollen sich neuen Generationen innovativ präsentieren. Die MEM-Branche bildet derzeit in 8 technischen Berufen (Anlage- und Apparatebauer/in EFZ; Automatiker/in EFZ; Automatikmonteur/in E; Elektronikerin EFZ; Konstrukteur/in EFZ; Mechanikpraktiker/in EBA; Polymechaniker/in EFZ und Produktionsmechaniker/in EFZ) rund 20’000 Lernende aus und ist damit eine der grössten Ausbildnerinnen der Schweiz. Ein Leuchtturmprojekt für die gesamte Branche ist der Campus Technik in Grenchen, der in diesem Sommer eröffnet wird. Dazu Tettamanti: «Die Ausstrahlung für die Berufsbildung wird sehr gross sein. Gerade solche Ausbildungszentren sind sehr wichtig, um junge Berufsleute qualitativ hochstehend auszubilden und auch potenzielle Berufsleute für die technischen Berufe zu begeistern. Kein Werbefilm und kein Werbeflyer im Berufsmarketing kann einen Schnupperkurs in einem Ausbildungszentrum ersetzen.»
Der Mangel an Arbeitskräften ist in der MEM-Branche ausgeprägter als in der Gesamtwirtschaft. Das Problem hat schon vor der Corona-Pandemie bestanden, sich aber in den Jahren 2021 und 2022 nochmals verschärft. Der Anteil der offenen Stellen liegt im Jahr 2022 in den ersten drei Quartalen in der MEM-Branche bei 3,2 Prozent, in der Gesamtwirtschaft bei 2,3 Prozent.
Bei den Arbeitskräften mit einer Berufslehre als höchstem Abschluss bekundeten in der MEM-Branche 66% Unternehmen, die Arbeitskräfte suchen, Mühe bei der Rekrutierung, während es in der Gesamtwirtschaft 51% waren. «Der Arbeitskräftemangel in der MEM-Branche ist bei höheren Qualifikationsniveaus ausgeprägter als bei niedrigeren», stellt Tettamanti fest. Und er doppelt nach: «Wir müssen die Lernenden auf dem höchstmöglichen Niveau ausbilden. Die Qualität unserer Fachkräfte ist die Basis unserer Wettbewerbsfähigkeit.»
Tiefe Regulierungskosten
Swissmechanic Schweiz setzt sich auch auf politischer Ebene für den Werkplatz, für den Technologiestandort und für den Forschungsplatz Schweiz ein. «Wir wollen gute Rahmenbedingungen und leistungsfähige Infrastrukturen schaffen.» Ziel ist es, qualitativ hochstehende, ausreichend verfügbare und günstige Produktionsfaktoren (z.B. Material, Kapital, Energie) und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren. «Zudem wollen wir die Regulierungskosten tief halten.» Im Zentrum stehen deshalb ein geordneter Finanzhaushalt der öffentlichen Hand sowie günstige Steuern für Unternehmen und Arbeitskräfte. Swissmechanic engagiert sich schliesslich für Handelsabkommen, die wettbewerbsfähige Beschaffungs- und Absatzkanäle für die MEM-Industrie zum Ziel haben.
Der junge Präsident ist überzeugt, die MEM-Industrie hat gemeinsam grosses Potenzial, um in den Bereichen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit einen wesentlichen Beitrag zu leisten. «Die traditionsreiche MEM-Industrie besteht überwiegend aus KMU. Als stabile Säulen der Schweizer Industrie haben sie ihre Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit in den vergangenen Monaten eindrücklich unter Beweis gestellt.» Wenn es um High-Tech, Präzision und Qualität geht, gehören viele Schweizer Firmen in ihren Nischenmärkten zur Weltspitze. Das lässt uns zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Corinne Remund
Herz des Werkplatzes Schweiz
Swissmechanic ist der führende Arbeitgeberverband der KMU in der MEM-Branche. Die 1250 Mitgliederunternehmen beschäftigen mehr als 65’000 Mitarbeitende, davon 6’000 Lernende. Die gesamte MEM-Industrie in der Schweiz zählt rund 327‘000 Mitarbeitende – darunter 20‘000 Lernende. Die Swissmechanic-Mitgliedsfirmen generieren ein jährliches Umsatzvolumen von rund 15 Milliarden Schweizer Franken.
Der Verband wurde 1939 als Schweizerischer Mechanikermeister-Verband an der Landesausstellung in Zürich gegründet und heisst seit 1976 Swissmechanic. Er ist in 13 regionale Sektionen und eine Branchenorganisation gegliedert und unterstützt seine Mitglieder bei den täglichen Herausforderungen der Unternehmensführung (Branchenlösung Arbeitssicherheit, Rechtsauskünfte, Ausbildung (überbetriebliche Kurse für MEM-Lernende) und Weiterbildung, Netzwerkanlässe an Messen sowie Interessenvertretung in Öffentlichkeit und Politik.
CR